Die ASI 120 MM-S

Die ASI 120 MM-S

Die ASI 120 MM-S von ZWO wird als empfindliche, monochrome Planetenkamera beworben und ist recht günstig zu haben. Diese Kamera habe ich aus zwei Gründen angeschafft: Als Autoguider und für das Polaralignment meiner Montierung.

Für heutige Verhältnisse hat sie eine rechte geringe Auflösung von max. 1280×960 Pixeln bei einer AD-Wandlertiefe von max. 12bit und einer Chipfläche von 4,8 x 3,6mm. Für die Planetenfotografie bietet diese Kamera recht hohe Framerates an (max. 254fps bei einer Auflösung von 320×240), bei voller Auflösung von 1280×960 sind es noch 60fps (16,6ms Belichtungszeit pro Frame). Mit diesen Frameraten kann man wohl sehr gut “lucky imaging” betreiben, um dem Seeing ein Schnippchen zu schlagen.

Die Kamera kommt mit einem sehr gut verarbeiteten Aluminiumgehäuse für ZWO typisch rot eloxiert daher, hat einen 2”-“Wulst”, in den ein Adapter für CS-Mount-Objektive eingeschraubt ist. Dieser Adapter kann herausgenommen und durch einen 1,25”-Adapter für Okularauszüge getauscht werden. Der CMOS-Chip (1/3″ CMOS AR0130CS(Mono)) ist von einem Klarglasfenster geschützt, IR-Licht wird nicht geblockt.

Angeschlossen wird diese Kamera über ein 2m USB3.0-Kabel und wird von INDI auf dem Astroberry sofort erkannt.

Für das Polaralignment wird die Kamera mit einem CS-Mount-Objektiv mit 50mm Brennweite ausgestattet. Der Back-Focus der ASI120MM-S mit 12,5mm passt zu CS-Mount-Objektiven, doch scheint der Abstand nicht genau zu sein, denn mein CS-Objektiv stellt irgendwo bei “0.6m” auf “unendlich” Scharf. Da der Fokus aber mit einer kleinen Stellschraube fixiert ist, stört mich das nicht weiter.

Die ASI120MM-S mit einem 50mm C-Mount-Objektiv für das Polaralignment
Sensor:1/3″ CMOS AR0130CS (Mono)
Resolution:1.2Mega Pixels 1280×960
Pixel Size:3.75µm
Exposure Range:64µs-2000s
Read Noise:4,0e – 6,6e
QE Peak:80%
ROI:Supported
Framerate (full resolution):60FPS(12bitADC)
Non-volatile memory/On camera storage:Build-in total 192K byte user-accessible space(image size up to 480X320)
Interface:USB3.0
ADC:12bit
Adaptor:2″ / 1.25″ / M42X0.75
Back Focus:12,5mm
Dimension:Diameter: 62mm, Hight: 28mm
Weight:100g
Power consumption:150mA, 5V
Working Temperature:-5°C—45°C
Storage Temperature:-20°C—60°C
Working Relative Humidity:20%—80%
Storage Relative Humidity:20%—95%
Technische Daten der ASI120MM-S
M13 am 07.07.2020, firstlight
Diese Bild ist eines der ersten Bilder mit der ASI120MM-S, 6 sec. belichtet, durch ein 70mm-Optik mit 350mm Brennweite (ETX-70 OTA). Norden ist rechts, Osten oben. Das FOV ist 47,2’x35,4′.

Es zeigte sich, dass das Bild von M13 nach dem Bestimmen der Koordinaten mit Astrometry.net und ein Overlay mit dem Tycho-2-Katalog (der hat nicht so irrsinnig viele Sterne) Sterne mit 12,4mag noch grade erkennbar zeigt. Für mich war das bei 6 sec. Belichtung mit einer 70mm Optik doch recht erstaunlich.

Das Bild nach dem Solven in ds9 mit dem Tycho-2-Overlay. Der Stern mit 12,467 mag ist oben vergrößert herausgehoben.

Für das Polaralignment habe ich einen einfachen Adapter in 3D-Druck erstellt, welcher sich auf die Schraubkappe des DEC-Gehäuses der LXD600 aufsetzen lässt. Die ASI120MM-S hat ein 1/4”-Gewinde an der Unterseite, mit dem sich die Kamera einfach an den Adapter schrauben lässt, der Adapter verbleibt an der Kamera, wenn sie als Guider im Einsatz ist. Auf dem DEC-Gehäuse blickt sie durch das 50mm-Objektiv entlang der RA-Achse. Das große Blickfeld von 330′ x 247.5′ findet den Polarstern schon bei recht grober Anfangsausrichtung der Montierung. Die Feineinstellung nehme ich bis jetzt mit dem PHD2-Tools zur Ausrichtung der Montierung vor.

ASI120MM-S bereit für das Polaralignment
Die ASI120MM-S ist mit dem Adapter auf das DEC-Gehäuse der LXD600 geklemmt um die Montierung an dem Polarstern auszurichten.

Probleme

Nachtrag 5.8.2020: Dieses Problem scheint nur bei ASI120MM-S-Kameras (mit USB 3.0) aufzutauchen, wenn sie an einem USB 2.0-Port unter Linux angeschlossen sind. Der Raspberry Pi 3 hat nur USB 2.0-Anschlüsse. Nach dem Austausch gegen einen Raspberry Pi 4 mit USB 3.0-Anschlüssen funktioniert die Kamera ohne Probleme und ohne Änderung an den INDI-Treibern.

Bei mir ist die ASI an einen Raspberry Pi unter Astroberry angeschlossen und ist da via INDI von meinem Laptop aus über KStars und EKOS zugreifbar. Leider schaltet die Kamera bei jedem Start bzw. beim ersten Bild vom 16bit RAW auf den 8bit RAW Mode um.

Nach einigem Suchen im Internet stellte sich heraus, dass die Kamera bei einem Auslesefehler automatisch von INDI in den 8bit-Modus versetzt wird, es gibt zwar eine unauffällige Log-Zeile, aber die übersieht man leicht.

Dieses Verhalten habe ich Testweise aus dem Code des indi-asi-Treibers herausgenommen, und siehe da, die Kamera ist nicht in der Lage, ein 16bit-Image über USB herunterzuladen. Als Problem stellte sich die Bandbreite heraus, die auf “80” eingestellt ist. Diese muß auf “40” reduziert werden (welche Einheit das auch immer ist) damit ein 16bit-Image heruntergeladen werden kann. Und wieder schlägt eine unverständliche Eigenart des Treibers zu, nach dem Starten von INDI oder KStars wurde der Wert immer wieder auf 80 gesetzt, auch wenn 40 in den Einstellungen gespeichert wurde. Der Wert 40 wird auch beim starten des Treibers kurz eingetragen, aber dann wird, nachdem die gespeicherten Settings eingestellt wurden, immer als nächster Schritt “Setzen der Default-Werte” durchgeführt (und dann ist wieder 80 eingestellt!), dies scheint aber tief unterhalb des indi-asi-Treibers in den binären Teilen von ZWO durchgeführt zu werden. Dafür habe ich keine Source-Code-Dateien gefunden.

Nach längeren Versuchen habe ich in den Quelltext fest den Bandbreiten-Wert von 40 vor dem Starten einer Belichtung und beim starten eines Streams eingetragen. Nun verwendet die Kamera immer die voreingestellte Bildtiefe, bei mir 16.

Nachteilig ist, dass ich einen veränderten Quellcode für meine INDI-Module habe, aber das läßt sich besser managen als dauernde Verstellungen von Einstellungen, und das im Dunklen bei knapper Beobachtungszeit.

Dieses Problem wird vermutlich auf die geringere Performance der USB-Ports an einem Raspberry Pi zurückzuführen sein und muss auf anderen Rechnern nicht auftauchen. Schon ein Raspberry Pi 4 wird vermutlich nicht mit diesen Problemen zu kämpfen haben.

Um die Änderung durchzuführen, die INDI-Sourcen auf den Raspberry Pi auschecken:

cd _develop
git clone https://github.com/stroblhofwarte/indi-3rdparty.git
mkdir -p build/indi-asi
cd build/indi-asi
cmake -DCMAKE_INSTALL_PREFIX=/usr -DCMAKE_BUILD_TYPE=Release ~/_develop/indi-3rdparty/indi-asi
make -j4
sudo make install

Wenn das geklappt hat, dann in der Datei _develop/indi-3rdparty/indi-asi/asi_ccd.cpp in den Funktionen “StartExposure” (ca. Zeile 1025) und “StartStreaming” (ca. Zeile 897) die Funktionsaufrufe

ASISetControlValue(m_camInfo->CameraID, ASI_BANDWIDTHOVERLOAD, 40, ASI_FALSE);

am Anfang der Funktionen einfügen. Somit wird die Bandbreite immer auf (magic) “40” beschränkt und die Kamera funktioniert wie erwartet.

In “GetExposure” ist die Funktion zu finden, welche auf den 8bit Modus zurückschaltet, wenn ein Fehler beim Auslesen auftaucht. Um dieses (für mich nervige) Verhalten abzuschalten, kann dieser Code-Teil auskommentiert werden (ca. Zeile 2025):

 else if (status == ASI_EXP_FAILED)
 {
   if (++m_ExposureRetry < MAX_EXP_RETRIES)
   {
      /*if (threadRequest == StateExposure)
      {
         LOG_DEBUG("ASIGetExpStatus failed. Restarting exposure...");
         // JM 2020-02-17 Special hack for older ASI120 cameras that fail on 16bit
         // images.
         if (getImageType() == ASI_IMG_RAW16 && strstr(getDeviceName(), "ASI120"))
         {
            LOG_INFO("Switching to 8-bit video.");
            setVideoFormat(ASI_IMG_RAW8);
         }
      }*/
      InExposure = false;
      ASIStopExposure(m_camInfo->CameraID);
      usleep(100000);
      //pthread_mutex_lock(&condMutex);
      lock.lock();
      exposureSetRequest(StateRestartExposure);
      break;
   }

Bilder mit der 120MM-S

M57 (Ringnebel) am 20.07.2020, aus 20x2sec. Bildern, mit Bias und Dark-Frame. Optik: ETX-70 OTA, 70mm Öffnung, 350mm Brennweite. Es werden Sterne mit ca. 12.3mag noch grade abgebildet, der Zentralstern des Ringnebels hat eine Helligkeit von 15,8mag und ist somit nicht sichtbar.

FOV

OptikFOV (Field of view)
ETX-70, 70mm Öffnung, 350mm Brennweite47.1 x 35.3 arcmin
(über KStars errechnet und über Astrometry.net bestätigt)

What people talk 3 Comments

2. September 2021 Kay Vieluf

Eine wirklich gelungener Beitrag für MEADE Liebhaber.

Ich hätte ein frage, wie machen Sie das mit dem Polar Ausrichtung über die Asi 120 an der Montierung? Hätten Sie hierfür eine bessere Beschreibung?

Lg kay

4. September 2021 othmar

Oh, eine noch bessere Beschreibung 🙂
Ich habe (hatte, da ich jetzt ein festes Setup habe) die ASI120 mit einem C-Mount-Objektiv mit 50mm Brennweite versehen und auf dem Blindstopfen der Polarscope-Abdeckung des DEC-Gehäuses montiert. Die Befestigung war ein recht massives Teil aus dem 3D-Drucker. Dann die Kamera über USB am Laptop angestöpselt und über PHD2 grob einen hellen Stern eingestellt und scharf gestellt (bei 50mm Brennweite ist das Sichtfeld angenehm groß). Über Drift-Alignment (ich glaube das hieß in PHD2 Polar Drift Alignment) die Montierung in ein- bis zwei interativen Schritten eingestellt. Das ging eigentlich relative schnell und hat für meine damaligen Belichtungszeiten vollkommen ausgereicht. Ich kann leider keinen detaillierten Beitrag dazu mehr schreiben, da ich das Setup nicht mehr zur Verfügung habe. Bei weiteren Unklarheiten einfach nochmal nachfragen.

8. September 2021 Kay Vieluf

Hallo,

danke für die schnelle Antwort. Bin erst jetzt dazugekommen sie zu lesen.
Habe eine Lxd650, habe einfach ein Loch in die Abdeckung gebohrt und die Cam aufgeschraubt. Nutze aber ein 60mm Objektive. Kann nur weiterhin versuchen richtig einzunorden. Da ich, so wie Sie auch kein Polsucherfernrohr für das Teleskop mehr finden kann.
Habe überleg ob man ggf. was mit einen 3d Drucker machen könnte. Nur fehlen mir Drucker und Programme mir da etwas zu überlegen.

Eine gute Zeit für Sie….

Lg
Kay

Tell us about your thoughtsWrite message

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top
Close Zoom
Context Menu is disabled by theme settings.