Platesolving ist eine, so finde ich, spannende Technik, um die Information, welche auf astronomischen Bildern als Sterne und andere Objekte sichtbar sind, zu erschließen und am Himmel einzuordnen, also genau zu wissen, an welcher Position am Himmel dieses Bild gemacht wurde.
Eines der wichtigsten Formate für astronomische Bilder ist das FITS-Format, welches nicht nur die Helligkeits- bzw. Farbinformationen für jedes Pixel enthält, sondern auch detaillierte Information darüber, wann von wem mit was das Bild aufgenommen wurde. Diese Informationen sind im FITS-Header gespeichert und da können auch genaue Informationen darüber abgelegt werden, welche Koordinaten der Bildmittelpunkt hat, in welche Richtung Norden zeigt usw.
Diese Informationen bezüglich Bildmitte und Rotation werden mit dem Platesolving ermittelt. Diese Technik ist nicht neu, doch hat sich die Rechenleistung der Computer derart entwickelt, dass inzwischen ein Platesolving ohne einen Anhaltspunkt, was in welchem FOV (Field Of View) abgebildet wird, in erstaunlich kurzer Zeit durchgeführt werden kann. Das geht so schnell, dass ein Teleskop durch diese Technik exakt zum Ziel geführt werden kann, ohne dass die Goto-Steuerung “Aligned” wurde.
Die Software EKOS, die Teil von KStars ist, bietet diese Technik an. Beeindruckend!
EKOS benutzt hierfür aber einen externen Solver, den Astrometry.net-Solver. Dieser ist sowohl online als auch offline verfügbar. Auf meinem Notebook, auf dem EKOS läuft und das über INDI mit dem Astroberry verbunden ist, läuft offline der Astrometry.net-Solver, da ich beim Beobachten keine Internetverbindung habe.
Für die “Nacharbeit” nach dem Beobachten (Bildbearbeitung usw.) benötige ich für das Vermessen usw. auch einen Solver. Was liegt also näher, als den Astrometry.net-Solver auf einer leistungsfähigen Maschine zu installieren und per Kommando oder Script das Lösen durchzuführen.
Ich habe den Solver auf einer virtuellen Maschine mit 8 Prozessoren in meiner Proxmox-Umgebung unter Debian 10 installiert. Debian ist in der Minimal-Konfiguration ohne grafische Oberfläche installiert, da ich (stand Juli 2020) per SSH auf den Rechner gehe und dort den Solver starte. Die Bilder sind auf einem zentralen Server gespeichert und per NFS auf dem Solver und meinem Desktop-PC verfügbar. Mit dieser Konfiguration ist ein sehr zügiges Arbeiten möglich.
Astrometry.net installieren:
sudo apt install libcairo2-dev libnetpbm10-dev netpbm
sudo apt install libpng-dev libjpeg-dev python-numpy
sudo apt install astropy-utils python-dev zlib1g-dev
sudo apt install libbz2-dev swig libcfitsio-dev
sudo apt-get install python-dev
sudo apt-get install python3-dev
sudo apt install build-essential
wget http://astrometry.net/downloads/astrometry.net-latest.tar.gz
tar xvzf astrometry.net-latest.tar.gz
cd astrometry.net<VersionNumber>
make
make py
sudo make install
Um die Astrometry.net-Befehle verfügbar zu haben, muss der Pfad noch erweitert werden. In ~/.bashrc folgende Zeile hinzufügen:
export PATH="/usr/local/astrometry/bin:$PATH"
Die Datei könnte so aussehen:
# ~/.bashrc: executed by bash(1) for non-login shells.
# see /usr/share/doc/bash/examples/startup-files (in the package bash-doc)
# for examples
# If not running interactively, don't do anything
case $- in
*i*) ;;
*) return;;
esac
export PATH="/usr/local/astrometry/bin:$PATH"
# don't put duplicate lines or lines starting with space in the history.
# See bash(1) for more options
HISTCONTROL=ignoreboth
...
Der Astrometry.net-Solver ist jetzt installiert, aber die Datenbasis für das Lösen der Bilder fehlt noch. Hierfür gibt es ein kleines Script, welches die benötigten Dateien herunterlädt. Die Files gehören in das Verzeichnis “/usr/local/astrometry/data”.
sudo /bin/bash
cd /usr/local/astrometry/data
wget http://data.astrometry.net/4200/wget.sh
chmod +x wget.sh
./wget.sh
Das Herunterladen dauert seine Zeit. Es sind Tonnen von Daten notwendig. Wie der Solver astronomische Bilder löst, ist unter http://astrometry.net/doc/build-index.html verständlich beschrieben.
Wie werden jetzt in einem Bild die dargestellten Koordinaten gefunden? Der Astrometry.net-Solver ist, so wie er wie hier beschrieben installiert ist, ein Kommando-Zeilen-Tool. Das ist ausgesprochen vorteilhaft, wenn per Script ganze Verzeichnisbäume gelöst werden sollen.
Der Solver wird mit einem Bild einfach wie folgt aufgerufen:
solve-field M13_Light_001.fits
Das Solven dauert einige Minuten, dann steht das Ergebnis da und einige neue Files sind erzeugt worden:

Field 1 did not solve (index index-4207-04.fits, field objects 21-30).
Field 1 did not solve (index index-4207-03.fits, field objects 21-30).
log-odds ratio 105.17 (4.72763e+45), 21 match, 0 conflict, 71 distractors, 35 index.
RA,Dec = (250.42,36.4739), pixel scale 2.20357 arcsec/pix.
Hit/miss: Hit/miss: +++----+-+---+--+--++--++++----+-+---+-+----------------+---------------+----------+-------+(best)--------
Field 1: solved with index index-4207-02.fits.
Field 1 solved: writing to file ./M13_Light_001.solved to indicate this.
Field: M13_Light_001.fits
Field center: (RA,Dec) = (250.419853, 36.473312) deg.
Field center: (RA H:M:S, Dec D:M:S) = (16:41:40.765, +36:28:23.923).
Field size: 47.0563 x 35.2994 arcminutes
Field rotation angle: up is -88.0598 degrees E of N
Field parity: pos
Creating new FITS file "./M13_Light_001.new"...
Creating index object overlay plot...
Creating annotation plot...
Your field contains:
NGC 6205 / Hercules Globular Cluster / M 13
NGC 6207
Das neue Bild mit dem WCS-Informationen ist mit der Dateiendung “.new” versehen. Es handelt sich um ein FITS-File und kann z.B. mit Gimp geöffnet werden. Andere Programme wie z.B. ds9 können auf ein gelöstes Bild Katalog-Informationen wie Sterne einblenden. Weiterhin wurden bei dem Beispiel drei png-Bilder erzeugt, eines zeigt die NGC-Objekte NGC 6205 (M13) und NGC 6207 (war ebenfalls auf dem Bild) ein weiteres Bild zeigt eingeblendete Sterne und die Konstellation, welche zur Lösung des Bildes gedient hat und das dritte Bild nur die eingeblendeten Sternenobjekte ohne Lösungsinformationen:



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